Die verschiedenen SmartEKG-Geräte zur „privaten Herzrhythmus-Analyse“ bedienen sich der
- Photoplethysmographie (PPG), mit der die Herzschläge festgestellt werden, oder des
- Elektrokardiogramms (EKG) (1- oder 6-Kanal), das zusätzlich auch die Art der Herzschläge erkennen lässt.
Beide Verfahren haben ihre Vor- und Nachteile, die man für ihre gezielte Anwendung kennen muss. Erste Geräte wie die Apple Watch (ab Series 4) oder die Withings ScanWatch vereinen bereits beide Technologien in einem Gerät.
Photoplethysmographie (PPG)
PPG-Sensoren bestehen aus einer Lichtquelle und einem Detektor. Der Sensor sitzt auf der Haut, das Licht durchdringt Gewebe und Blutgefäße und wird dabei zum Teil von dem im Blut enthaltenen Hämoglobin absorbiert. Dadurch verändert sich der Anteil reflektierten Lichts pulssynchron. Vom Detektor wird das reflektierte Licht in elektrische Signale gewandelt, deren Periodizität grafisch dargestellt werden kann (=Tachogramm) und die Berechnung der Pulsfrequenz ermöglicht.
PPG wird in der Medizin seit Jahrzehnten in Form der Pulsoxymeter angewendet. Deren Sensoren mit meist rotem und infrarotem Licht am Finger oder Ohrläppchen erlauben auch Rückschluss auf die Sauerstoffsättigung des Blutes. Wearables wie Smartwatches und Fitnessarmbänder arbeiten am Handgelenk meist mit grünem Licht.
In den letzten Jahren sind diverse Algorithmen entwickelt worden, die aus der Regelmäßigkeit dieser PPG-Signale Rückschlüsse auf den Herzrhythmus ziehen und damit insbesondere Vorhofflimmern identifizieren sollen. Der Apple Watch-Algorithmus war der erste von ihnen, der eine FDA-Zulassung erlangte.
+ Uhren und Armbänder mit PPG-Sensoren können wochenlang getragen werden, so dass eine Dauerüberwachung möglich und nur von der Akkulaufzeit des Gerätes limitiert ist. Die von Apple und Huawei verwandten Algorithmen zur Erkennung von Vorhofflimmern sind in klinischen Studien validiert. Ihre Genauigkeit ist gut: Bei gleichzeitiger EKG-Ableitung konnte in der Apple Heart Study bei 84 % der Teilnehmer mit VHF-Warnhinweis tatsächlich VHF bestätigt werden. Die übrigen Warnhinweise waren meist durch häufige Extrasystolen verursacht.
– Ca. 30 % der Tachogramme sind nicht interpretierbar oder ungenau, meist durch Bewegungsartefakte, seltener durch zu hohen Puls oder andere Faktoren wie Licht, Temperatur, Hautfarbe oder Tätowierungen. Rhythmusstörungen können erkannt, nicht aber im Detail analysiert, klassifiziert oder dokumentiert werden.
Elektrokardiogramm (EKG)
EKG-Sensoren messen den Spannungsunterschied zwischen mindestens zwei an der Körperoberfläche oder im Körperinneren befindlichen Elektroden. Je nach Anzahl verwendeter Elektroden können zeitgleich eine oder mehrere Kanäle oder Ableitungen registriert werden, wobei das Nutzsignal in der Größenordnung von ±0.5 mV von Rauschen überlagert ist und aufwändig verstärkt und gefiltert werden muss.
Pionier in Sachen privater EKG-Aufzeichnung ist die 2011 in Kalifornien gegründete Firma AliveCor. Die FDA-Zulassungen für ihr erstes EKG-Gadget 2012 und für den Algorithmus zur automatischen Klassifizierung von Vorhofflimmern 2014 markieren quasi den Beginn der SmartEKG-Ära.
+ Uhren und Zusatzgeräte mit EKG-Elektroden ermöglichen nicht nur die Erkennung, sondern sehr oft auch die Klassifikation und Dokumentation der Rhythmusstörung. Die von AliveCor und Apple verwandten Algorithmen zur Erkennung von Vorhofflimmern sind in klinischen Studien validiert und FDA- sowie CE-zertifiziert.
– Eine ununterbrochene Überwachung des Herzrhythmus ist bislang nicht möglich. Bei wiederholter Anwendung lassen sich aber auch unbemerkte Rhythmusstörungen aufdecken. Studien zur Folge führt eine intermittierende Aufzeichnung über insgesamt 19 Minuten zu einer ähnlichen Detektionsrate von VHF wie ein 24-Std.-LZ-EKG.
Bei der Bewertung der SmartEKG-Technologien muss berücksichtigt werden, dass der Goldstandard für die Diagnose von Vorhofflimmern, das 12-Kanal-EKG in Praxis oder Krankenhaus, keine in Stein gemeißelte Verlässlichkeit garantiert. Studien aus den USA und Schweden zeigten, dass die computergestützte Auswertung der EKG fehlerbehaftet ist und von den Ärzten viel zu häufig nicht korrigiert wird. 9-19 % der EKG mit vermeintlichem Vorhofflimmern waren falsch interpretiert und 6 % (bei Kardiologen) bis 47 % (bei Allgemeinmedizinern) der Fehldiagnosen wurden nicht korrigiert (1), (2), (3).