Screening auf Vorhofflimmern (2)

Nach Veröffentlichung 2er großer VHF-Screening-Studien im vergangenen Jahr und der sich daraus ergebenen Diskussion u. a. bei der DGK-Jahrestagung im April 2022 ist es an der Zeit, den Artikel Screening auf Vorhofflimmern vom Januar 2020 zu ergänzen.

Neue Daten

Studiendaten als Tabelle
STROKESTOP und LOOP im Vergleich
Im August 2021 wurden die Ergebnisse von STROKESTOP und LOOP zeitgleich im Lancet publiziert. Bemerkenswert waren die widersprüchlichen Ergebnisse: während STROKESTOP einen kleinen, aber signifikanten Vorteil für das systematische Screening erkennen ließ, war dies im LOOP-Kollektiv nicht der Fall.

Tenor zumindest einiger Interpretationen auf der DGK-Jahrestagung war, dass die Ergebnisse auf die unterschiedliche Schwelle für behandlungswürdiges VHF zurückzuführen sei. LOOP habe diese untere Grenze mit nur 6 Minuten bei in der Regel >3-jähriger Dauerregistrierung der Loop-Recorder vermutlich zu niedrig angesetzt.

Mein Resümee

STROKESTOP
Primärer Endpunkt STROKESTOP
Ich persönlich sehe die Ursache für den unterschiedlichen Ausgang allerdings woanders. Wenn ich mir die Ereigniskurven der primären Endpunkte ansehe, erscheinen mir Beobachtungszeitraum und statistische Power viel bedeutender für den Ausgang der Studien als die unterschiedlichen Kriterien für die Antikoagulation.

In beiden Studien gehen die Kurven schließlich erst nach Jahren auseinander, was im Setting eines anlasslosen Screenings auch nicht anders zu erwarten war. Und ein Blick auf die Kurve sagt mir, dass auch STROKESTOP kein signifikant besseres Outcome für die Screening-Gruppe gezeigt hätte, wenn die Nachbeobachtung (wie bei LOOP) fast 1,5 Jahre kürzer gewesen wäre.

LOOP
Primärer Endpunkt LOOP
Außerdem scheint mir, ohne dass ich das nachrechnen oder belegen könnte, die immerhin 20 %ige Reduktion des primären Endpunktes bei LOOP sogar umfänglicher zu sein als bei STROKESTOP. Dann hätte möglicherweise nur die Strichprobengröße den Ausschlag für die Verfehlung des üblichen Signifikanzniveaus gegeben. Dieser Verdacht erhärtet sich beim Vergleich der Gruppengrößen durchaus: Screening-Gruppe bei STROKESTOP 4-mal größer, Kontrollgruppe 3-mal größer.

Wie auch immer, und ich bin schließlich kein Statistiker, der auf den ersten Blick nur kleine Vorteil des Screenings in STROKESTOP verdient meines Erachtens aus mehrerlei Gründen aufmerksame Beachtung:

  1. Mit verhältnismäßig einfacher und nicht-invasiver Intervention ist erstmals ein signifikanter Vorteil des Screenings belegt worden.
  2. Die NNI (number needed to invite) beträgt 91. Folglich muss man nur 91 Menschen im Alter von 75 oder 76 Jahren zu einem solchen Screening einladen, um in 7 Jahren ein Ereignis (Schlaganfall, systemische Embolie, schwere Blutung oder Tod) zu verhindern. Zum Vergleich: Für das Mammografie-Screening liegt die NNI für Frauen im Alter von 40-74 Jahren bei 1961, um einen Krebs-Todesfall innerhalb von 8 Jahren zu vermeiden.
  3. Ein derartiges Screening würde nach anfänglichen Mehrausgaben für das Programm bereits nach 3 Jahren durch eingesparte Behandlungskosten den Break-Even erreichen und danach Kosten sparen (Lyth J, ESC 2021)

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